In Gedenken an Ahmed J.

Ein Geflüchteter ist tot. Ahmed J. starb am 14. Februar, nachdem der Wachdienst des Lagers in Plauen (Sachsen) keinen Notarzt rief.
Andere BewohnerInnen hatten vergeblich versucht, den Wachmann dazu zu bringen, einen Krankenwagen anzurufen. Dieser weigerte sich und äußerte später, er dürfe dies nicht. Nach Aussagen der BewohnerInnen hatte er den vor Schmerz gekrümmten Mann im Zimmer liegen sehen. Er rief, als die Bewohner nach zwei Stunden ein Fenster zu seinem Büro aufhebelten, auch dann keinen Rettungsdienst, sondern die Polizei. Wie ein Bewohner in einem Video des MDR berichtet, packte der Wachmann einen der Bewohner, die einen Krankenwagen rufen wollten, am Hals und drückte ihm die Luft ab.
„Es hätte gar nicht passieren dürfen, weil es geregelt ist. Man kann jederzeit den medizinischen Dienst holen. Im Asylbewerberleistungsgesetz ist alles geregelt“ (Kerstin Büttner, Landratsamt Vogtlandkreis).
Was in diesem Gesetz jedoch geregelt ist, ist eine gesetzlich verankerte Ungleichbehandlung. Nur akute Erkrankungen und Schmerzen werden behandelt, alle chronischen Beschwerden bedürfen einer Sondergenehmigung des Sozialamtes. Diese Bürokratie, die allein Geflüchteten in Deutschland vorbehalten ist, führt zu Verzögerungen bei notwendigen Behandlungen. Zum einen steigt so die Zahl der Notarzteinsätze und Notaufnahmen. Zum anderen können sich Krankheiten in der Zwischenzeit verschlimmern, sodass Betroffene Schmerzen oder dauerhafte Gesundheitsschäden in Kauf nehmen müssen.
Die späte Hilfe sei nicht ausschlaggebend, heißt es nun in Plauen. Der Mann hätte, auch wenn rechtzeitig Hilfe eingetroffen wäre, nicht gerettet werden können. Dies wird als Grund herangezogen, warum der Wachmann der Securityfirma Arndt sich nun nicht aufgrund fahrlässiger Tötung, sondern nur wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten muss. Es handelt sich hier nicht um „menschliches Fehlverhalten“ (Landratsamt), sondern um (behördlichen) Rassismus und strukturelle Gewalt und Ausgrenzung. Geflüchtete, die gezwungen werden, in Lagern zu leben, sind der Willkür der Wachdienste ausgeliefert. Es gibt genügend Lager, in denen BewohnerInnen selbst keinen Rettungsdienst verständigen können, da das dem Wachdienst vorbehalten ist. Sie können es oft nicht, da sie kein deutsch sprechen. Im Fall von Plauen kursierte unter BewohnerInnen des Lagers außerdem das Gerücht, sie müssten 500 Euro für medizinische Versorgung zahlen. Woher kommt ein solches Gerücht? Weiterhin: Warum wurde der Mann, der einige Tage zuvor im Krankenhaus behandelt wurde, wieder nach Hause geschickt? Wenn er sich am Mittwoch wieder dort hätte melden sollen, wie hätte er davon wissen sollen? Es war eine Krankenschwester, die im Lager anrief, um dies mitzuteilen. Vielleicht wurde die Nachricht nicht übermittelt. Und vielleicht wurde die Nachricht mit Absicht nicht übermittelt und nicht aus Vergesslichkeit und „menschlichem Fehlverhalten“.
Die Lagerhaltung, die Geflüchteten teilweise über Jahre hinweg aufgezwungen wird, verursacht physische und psychische Leiden. Für die Schließung aller Lager und die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes!
In Gedenken an Ahmed J., Saizon Cosmo (Friedersdorf), Adams Bagna (Bernburg), John Williams (Halberstadt), Kallo Al Hassan Kanu (Heiligenhaus), Celal Akan (Bremen), Haydar Findik (Altenburg), Mohammad Selah (Essen) und viele andere, denen keine medizinische Hilfe gewährt wurde.
Freie Presse I Bericht
Freie Presse II Bericht
mdr Bericht