Offener Brief: Keine Wohnsitzauflagen innerhalb Sachsen-Anhalts

Pressemitteilung vom Flüchtlingsrat LSA, 3. November 2016
Zivilgesellschaftliche Organisationen und Einzelpersonen appellieren an die Landesregierung, keine weiteren Einschränkungen der Freizügigkeit für anerkannte Flüchtlinge zu beschließen
Mit dem sogenannten Integrationsgesetz ist am 6.8.2016 auch die darin enthaltene Wohnsitzregelung in Kraft getreten. Danach sollen anerkannte Geflüchtete für drei Jahre in dem Bundesland wohnen müssen, dem sie zur Durchführung ihrer Asylverfahren zugeteilt wurden. Die Rechtslage ist eindeutig: Art. 26 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sichert anerkannten Flüchtlingen das Recht auf Freizügigkeit zu und gemäß Art. 23 der GFK dürfen Staaten in der öffentlichen Fürsorge keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen und ihren Staatsangehörigen machen. Beide Artikel werden durch Wohnsitzauflagen verletzt, gemäß dem Motto: „Meine Freiheit: Ja, Deine Freiheit: Nein!“
Trotz des Verstoßes gegen internationales sowie europäisches Recht und trotz ihrer integrationspolitischen Unsinnigkeit ist die Wohnsitzauflage bezogen auf die Bundesländer zunächst Fakt. Das Land Sachsen-Anhalt kann es bei dieser massiven Beschneidung der Freiheitsrechte belassen. Es steht den Ländern frei, durch eine Landesregelung weitere Einschränkungen vorzunehmen oder davon abzusehen. Mit einem offenen Brief fordern Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen die Landesregierung deshalb auf, keine weiteren Einschränkungen durch Wohnsitzauflagen innerhalb Sachsen-Anhalts vorzunehmen.
„Viele Initiativen und Einzelpersonen, die sich für das Ankommen geflüchteter Menschen und ein solidarisches Miteinander in Sachsen-Anhalt engagieren, lehnen die Wohnsitzauflagen ab. Statt Sanktionen und Auflagen braucht es mehr finanzielle und ideelle Unterstützung, damit Integration und ein gutes Zusammenleben aller gelingen kann.“, so Stefanie Mürbe, Sprecherin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt.
„Hier kann die Landesregierung klar zeigen, wie hoch sie grundlegende Rechte wie Entscheidungs- und Bewegungsfreiheit bewertet, dafür einsteht und diese fördert. An der Entscheidung über die Wohnsitzauflage wird deutlich werden, ob diese Landesregierung gezielt bestimmten Menschengruppen abspricht, sich auf diese Werte berufen zu dürfen. Motivation wird nicht durch Verbote erzeugt, aber durch den Ausbau der Zugänge zu einem gleichberechtigten Leben – dafür ist die Wohnsitzauflage nicht das richtige Mittel!“
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