[Merseburg] Willkürliche und grausame Abschiebepraxis


Am vergangenen Donnerstag, am 9.11.2017, wurde eine Person in den Niger abgeschoben, die kurz vor der Eheschließung stand und seit zwei Jahren einer geregelten Arbeit nachging. Zuständig ist die Ausländerbehörde in Merseburg (Saalekreis).
Pressemitteilung:
Willkürliche und grausame Abschiebepraxis

Berlin, 09.11.2017. / Quelle
Überraschend wurde unser Freund am 07.11.2017 in der Ausländerbehörde Merseburg festgenommen und ohne Vorankündigung heute (09.11.2017) in den Niger abgeschoben.
Die Eile dieser Maßnahmen ist wohl im Zusammenhang mit kürzlich geschlossenen Grenzsicherungsabkommen zu sehen. Neue politische Vorgaben werden hier über das Einzelschicksal unseres Freundes gestellt, die in diesem Kurzverfahren keinerlei Berücksichtigung fanden.
Persönlich kommt die Festnahme und Abschiebung überraschend, unser Freund plante seine Verlobte zu heiraten und wartete seit vier Monaten (die maximale Wartezeit beträgt 6 Monate) auf den Abschluss der entsprechenden Dokumentenprüfung.
Am 07.11.2017 ging unser Freund zu einem Termin in der Ausländerbehörde Merseburg, um seine Duldung verlängern zu lassen. Auf der Ausländerbehörde wurde er abrupt aus seinem und unserem Leben gerissen. Die Abschiebung wurde vollzogen, obwohl ein Antrag bei der Härtefallkommission Sachsen-Anhalt gestellt wurde.
Unser Freund ging seit zwei Jahren einer geregelten Arbeit als Gerüstbauer nach, für die er ab Januar einen unbefristeten Vertrag in Aussicht hatte. Er lebte gemeinsam mit seiner Verlobten unter der Woche in Berlin und war dabei, sich eine gesicherte Existenz in Deutschland aufzubauen. Er hat viele Freunde in Berlin gefunden, die ihn sehr vermissen werden.
Wir sind geschockt, wütend und traurig über das grausame Vorgehen der Ausländerbehörde!
Wir fordern:
DIE AUSSETZUNG DER ABSCHIEBUNG BZW. EINE KURZE BEFRISTUNG DER EINREISESPERRE FÜR EINE WIEDEREINREISE!
DIE DEUTSCHEN BEHÖRDEN AUF, SEINE HOCHZEITSPLÄNE ZU UNTERSTÜTZEN!
WIR FORDERN DAS INNENMINISTERIUM AUF, PRÜFUNGEN DURCH DIE HÄRTEFALLKOMMISSION ZU RESPEKTIEREN UND IN DER ZWISCHENZEIT AUF ABSCHIEBUNGEN ZU VERZICHTEN!
STOPP DER WILLKÜR DER AUSLÄNDERBEHÖRDE MERSEBURG!
STOPP UNMENSCHLICHER ABSCHIEBUNGEN!
Freund*innen, Nachbar*innen, Kolleg*innen und Unterstützer*innen
Die Gruppe Lampedusa Berlin schreibt:
Unser Freund, Mitbewohner, Arbeitskollege und Verlobter wird heute abgeschoben – ohne gültiges Gerichtsurteil wurde er Dienstag aus der Ausländerbehörde Merseburg (Saalekreis) von der Polizei verschleppt und wurde heute morgen nach Frankfurt am Main gebracht. Wahrscheinlich sitzt er jetzt im Flugzeug. Die Ausländerbehörde kam der Härtefallkommission, die über sein Verbleiben in Deutschland entscheiden sollte, um einen Tag zuvor. Ohne Ankündigung, ohne dass er nur eine einzige seiner persönlichen
Sachen einpacken konnte, ohne sich von uns zu verabschieden. Und das ist das Schrecklichste. Die meisten wissen hier, um wen es geht. Unser Freund wohnt seit Jahren in Berlin, er hat am O-Platz mitgekämpft. Und er musste in seinem Leben viel kämpfen. Jetzt wird er einfach so abgeschoben, in ein Krisengebiet in dem er Angst um sein Leben haben muss und keinerlei soziales Netzwerk hat.Wir sind voller Wut und Hass über dieses unmenschliche System und die Verantwortlichen die mit ihrer Unterschrift über Menschenleben verfügen und entscheiden können.
Lampedus Berlin