Der Alltag der Flüchtlinge in Vockerode

Über die Schikanen von Sozialamt und Ausländerbehörde. Ein Text vom Refugee comite Wittenberg.
Nach einer kleineren Veränderung beim Sozialamt in Wittenberg, das jetzt eine neue zuständige Ansprechpartnerin für die Flüchtlinge hat und damit zwei Gruppen von Mitarbeiter_innen – eine in Wittenberg und eine in Vockerode – bildet, hat sich die soziale Situation der Flüchtlinge weiter verschlechtert; neue Schwierigkeiten sind hinzugekommen.
Die Ausländerbehörde des Landkreises Wittenberg ist schon seit der Einrichtung des Lagers in Möhlau 1992 bekannt dafür, sich mit aller Kraft für die Abschiebung der Flüchtlinge einzusetzen, die aus ihrer Sicht allesamt ausreisepflichtig seien.
Angesichts der schwierigen Situation haben einige Flüchtlinge den Mut aufgebracht, sich trotz der Entfernung von etwa 12 Kilometern zu einem Deutschkurs in Dessau anzumelden. Damit sind normalerweise monatliche Fahrtkosten in Höhe von 72 Euro verbunden. Das Sozialamt in Dessau stellt den dortigen Flüchtlingen jedoch einen Dessau-Pass aus, mit dem sie zum halben Preis öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Im Gegensatz dazu müssen die Flüchtlinge aus Vockerode die vollen 72 Euro im Monat zusätzlich zu den 46 Euro für ihr normales Monatsticket zahlen.
Als uns dieses Problem bekannt wurde, hat das Refugee-Komitee beim Sozialamt in Wittenberg angefragt, ob den an Sprachkursen in Dessau teilnehmenden Flüchtlingen nicht – ähnlich wie es in Dessau seit letztem Sommer gehandhabt wird – einen Wittenberg-Pass ausgestellt werden könne. Laut dem Sozialamt ist das jedoch nicht möglich.
Außerdem haben die Flüchtlinge beim Sozialamt angefragt, ob einer der Kellerräume für das Freitagsgebet hergerichtet werden könnte, was ebenfalls abgelehnt wurde.
Wir haben ebenso darum gebeten, mit einem Vertreter an den regelmäßig in Vockerode stattfindenden Sicherheitsrunden teilnehmen zu dürfen, die uns direkt betreffen. Auch dies wurde abgelehnt.

Doch selbst bei Leistungen, die Flüchtlingen rechtlich zustehen, versucht der Landkreis, mit Kürzungen und Einschränkungen möglichst schikanierend vorzugehen: So wurde Flüchtlingen, die in Vockerode leben, für die Fahrt zur Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Halberstadt nur ein Teil der Kosten – für die Strecke Dessau-Halberstadt – erstattet. Dabei musste auch dem Sozialamt klar sein, dass für den Weg von Vockerode bis nach Dessau sowie vom Bahnhof in Halberstadt bis zur außerhalb gelegenen ZASt weitere Fahrtkosten anfallen würden.
Zudem werden Krankenhausaufenthalte von Flüchtlingen sanktioniert, indem ein Teil ihrer Sozialhilfe ab 40 Euro einbehalten wird. Die Begründung des Sozialamts dafür ist, dass der Flüchtling schließlich im Krankenhaus verpflegt worden sei und den für Lebensmittel vorgesehenen Anteil der Sozialhilfe dementsprechend nicht benötige. Wir fordern den Landkreis Wittenberg auf, dieser Schikanierung von Flüchtlingen ein Ende zu setzen.
Uns ist klar, dass Deutschland nicht in der Lage ist, alle Flüchtlinge der Welt aufzunehmen. Trotzdem wollen wir Verantwortlichen in der deutschen Verwaltung und Politik zu mehr Kompromissbereitschaft sowie echter und toleranter Kommunikation mit Flüchtlingen anhalten.
Ausschluss und Hass gegenüber Anderen war noch nie eine Lösung.
Das Refugee-Komite Wittenberg ist eine Selbstorganisation mit dem Ziel, die Interessen der Flüchtlinge festzustellen, zu koordinieren, über sie zu informieren und sie zu verteidigen.
Dass der Landkreis nicht zu klarer Kommunikation bereit ist, schadet der Transparenz. Es ist kontraproduktiv, dass er sich weigert, mit den gewählten Vertretern der Flüchtlinge zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Lösungen für einfache Probleme zu finden.

  • Wir sagen „Nein!“ zu Rassismus.
  • „Nein!“ zu Abschiebung.
  • Wir fordern die Abschaffung der Residenzpflicht, weil sie Flüchtlinge kriminalisiert.

Wir gedenken allen Flüchtlingen, die auf dem Meer bei dem Versuch umkommen, Diktaturen und Strukturen monopolisierter Macht einzelner Personen und Gruppen wie in Syrien, afrikanischen Ländern usw. zu entkommen.
Solidarität mit allen Flüchtlingen!
Toure Dramane
Refugee comite Wittenberg (LSA)
Tel: 0152 25951740 oder 0152 15348400
Email: papdek15@yahoo.fr
Email: refugecomite@gmail.com
Blog: refugeecomitewittenberg.wordpress.com