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Abschiebeanhörungen mit Delegation aus Mali und Protest dagegen in Halle/Saale
Text English: We’re not a good you can sell!
Text Francaise: Nous ne sommes aucune marchandise qu’on peut vendre!
PM des Flüchtlingsrats / Audiobeitrag anhören / Mehr zu den „Botschaftsanhörung“ allgemein
In diesen Tagen, in der Woche vom 21. bis 25. November 2016, finden im ehemaligen „Hotel Maritim“ Anhörungen statt, bei denen mit Hilfe einer dreiköpfigen Delegation aus Mali Geflüchtete als malische Staatsbürger identifiziert werden, was wiederum zur Abschiebung dieser Menschen führt.
Am 22. November versammelte sich eine Gruppe UnterstützerInnen vor dem Hotel um gegen diese fragwürdige Praxis und die deutsche Abschiebepolitik zu protestieren und um die betroffenen Geflüchteten über den Hintergrund der Anhörungen zu informieren.
Vorgeführt zu den Anhörungen wurden bisher nicht nur Menschen aus Sachsen-Anhalt, sondern auch aus Baden-Württemberg, Rheinland Pfalz, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Damit profiliert sich Sachsen-Anhalt und nun auch Halle/Saale als Drehkreuz im Feld bundesdeutscher Bemühungen geflüchtete Menschen mit aller Gewalt außer Landes zu schaffen.
In Gesprächen mit Betroffenen wurde immer wieder deutlich, dass sie nicht über den Zweck der Befragungen Bescheid wussten. In mehreren Fällen erhielten die Betroffenen nicht einmal eine Vorladung, sondern wurden lediglich auf eine Liste in der betreffenden Ausländerbehörde gesetzt. Mehrere der Betroffenen wurden zwangsweise vorgeführt, d.h. in Handschellen und in Polizeibegleitung.
Auch wurden den Menschen während der Anhörung Dokumente vorgelegt, die sie unterzeichnen sollten, was sie aus Angst meist auch taten, ohne dass ihnen auch nur ansatzweise erklärt wurde, was sie da unterschreiben oder eine Kopie dieses Dokuments ausgehändigt wurde. Darüber hinaus wurde auch ein Mensch der malischen Delegation vorgeführt, da aufgrund einer sogenannten Sprachanalyse, welche unter Experten als äußerst strittig gelten, seine Herkunft im Vorfeld als malisch eingestuft wurde.
So kommt es regelmäßig vor, dass Menschen im Rahmen solcher Anhörungen eine Identität bzw. Staatsangehörigkeit angedichtet wird, die nicht ihre ist. Und das lohnt sich aus Sicht der Delegation. Denn pro Kopf erhält die Delegation eine Pauschale für jeden identifizierten angeblichen Staatsbürger. Die Zahlungen variieren je nach Land zwischen 150 und 350 Euro.

In einem kurzen Gespräch, auf das sich einer der Delegierten beim verlassen des Hotels einließ, behauptete dieser, dass sie den Leuten helfen wollen, da viele Menschen, die nach Deutschland kommen, ausgeben aus Mali zu sein und dann hier mit Drogen handeln.
Interessant ist auch der Fakt, dass es sich bei den Mitgliedern der Delegation anscheinend nicht um Angehörige der Botschaft handelt, sondern um Mitarbeiter des malischen Außenministeriums. Fraglich bleibt auf welcher rechtlichen und vertraglichen Grundlage eine solche Zusammenarbeit legitimiert wird. Insbesondere dann, wenn deutsche Behörden Menschen nach Mali abschieben mit Hilfe von Reisepapieren, ohne jegliche Validierung von der zuständigen malischen Botschaft in Berlin. Ein solches Vorgehen zeigt auf, wie flexibel das sonst starre Konzept der Staatszugehörigkeit und den dazugehörigen Legitimationspapieren von deutschen Behörden ausgelegt werden kann, wenn es dem Interesse an Abschiebungen dient.
Das Hotel Maritim als Ort des Ankommens und der Abschiebung
Seit Oktober 2015, dem„Langen Sommers der Migration“, wird das ehemalige Hotel als Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt genutzt. Hier werden Menschen erstmals nicht isoliert für mehrere Wochen bis Monate untergebracht, denen eine Flucht nach Deutschland gelungen ist und die am Anfang ihres Asylverfahrens stehen.
Seit einigen Monaten wird nun der ehemalige Speise- und Veranstaltungsraum des Hotels immer wieder für die sogenannten Anhörungen mit Delegationen aus verschiedenen, vor allem westafrikanischen, Staaten „umgenutzt“. Dafür wurden eigens Kabinen aufgestellt, in denen einzelnen „Identifikationen“ stattfinden können, um einen reibungslosen Ablauf zu gewähren. Die BewohnerInnen des Hauses als auch Teile der MitarbeiterInnen werden über den Zweck und die Hintergründe der Gespräche nicht informiert. Statt dessen schafft die erhöhte Polizeipräsenz und die wie Verbrecher in Handschellen ins Haus geführten Geflüchtete ein Klima der Verunsicherung bei den BewohnerInnen.
Im März 2017 wird das Hotel als Erstaufnahme geschlossen, denn die Zahl der Neuankommenden ist mit der Schließung des humanitären Korridors entlang der Balkanroute so stark gesunken, dass die Plätze in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Halberstadt wieder ausreichen. Dann werden die Geflüchteten wieder abgeschiedenen im anhaltinischen Hinterland ankommen müssen. Und es ist abzuwarten, wo dann die Abschiebeanhörungen durchgeführt werden.