[PM] Abschiebung in menschenrechtswidrige Verhältnisse
Sachsen-Anhalt führt Sammelüberstellung nach Ungarn trotz systemischer Mängel im Zielland durch.
Pressemitteilung des Flüchtlingrats LSA / 8. Juni 2016 / Quelle
In den frühen Morgenstunden des 8. Juni fand eine Sammelüberstellung von geflüchteten Menschen nach Ungarn statt. Davon betroffen ist unter anderem ein junger Mann aus Afghanistan, der seit sechzehn Monaten in Magdeburg lebt. Ein Mitarbeiter eines Magdeburger Unternehmens äußert sich erschüttert: „Er spricht sieben Sprachen und ich würde ihn sofort als Sprachmittler in Flüchtlingskursen einstellen.“
Die Landesregierung sieht laut Koalitionsvertrag in der Aufnahme und Integration von Geflüchteten eine humanitäre Verpflichtung und eine Chance für Sachsen-Anhalt. „In der Realität führt die Landesregierung jedoch verstärkt Abschiebungen und Dublin-Überstellungen durch. Statt in Deutschland ankommen zu können und Schutz zu finden, drohen den Geflüchteten nun Armut und Obdachlosigkeit, bis hin zu Misshandlungen in ungarischen Gefängnissen.“, so Stefanie Mürbe, Pressesprecherin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt. Immer mehr Verwaltungsgerichte teilen diese Einschätzung. Auf Grundlage aktueller Berichte, u.a. von PRO ASYL und des Auswärtigen Amtes stoppen Richter*innen die Überstellungen wegen systemischer Mängel im ungarischen Asylsystem. Doch wer die nur einwöchige Klagefrist verpasst oder schlicht nicht die Möglichkeit hatte, dagegen zu klagen, muss nun unter dem widersinnigen Festhalten an der Dublin-Verordnung leiden.
Der Flüchtlingsrat appelliert an das Land, vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, das heißt Dublin-Überstellungen auszusetzen und das Asylverfahren selbst durchzuführen. „Um dem Anspruch einer humanitären Flüchtlingspolitik gerecht zu werden, sollte sich die Landesregierung auf der Ebene des Bundes und der Europäischen Union für eine sinnvolle Lösung einsetzen. Wir brauchen ein solidarisches Aufnahmesystem, das geflüchtete Menschen schützt statt sie abzuschieben.“, so Stefanie Mürbe.
Die Dublin-III-Verordnung, nach der das Einreiseland der EU für die Durchführung der Asylverfahren zuständig ist, schiebt die Verantwortung an die Peripherie ab. „Für die Betroffenen bedeutet das monatelange Verunsicherung, die Abschiebung in menschenunwürdige Verhältnisse, einen enormen bürokratischen Aufwand und ist noch dazu ein Nullsummenspiel: Dies ist weder aus bürokratischen und vor allem nicht aus menschenrechtlichen Erwägungen zu vertreten.“, stellt Stefanie Mürbe fest.
Pressekontakt: Stefanie Mürbe | Tel.: 0391 50549613 | Mobil: 0157 73116732