Leben im Heim – Marke
Ein langer Weg ist es bis zur Gemeinschaftsunterkunft in Marke. Ein kleines Dorf, auch an den sonnigsten Tagen weit und breit keine Menschen zu sehen, nur die Autos vor den Häusern verraten das hier wirklich Menschen leben.
Man fährt hindurch und dann weiter Richtung Schierau. Nach einer schnurgeraden Straße zu der nächsten Häusergruppe, vorbei an dem kleinen Bahnhof welcher die Bezeichnung „Bahnhof“ eigentlich nicht verdient, kommt ein Wald und in diesem Wald befindet sich die GU. Ein großer Häuserblock, daneben ein zusammengefallenes altes Haus mit einer Wiese. Ein Zaun grenzt das Gebiet ein, auf den ersten Blick assoziiert man das Bild mit der schlimmen Vergangenheit Deutschlands. Die Bezeichnung „Flüchtlingslager“ hat da durchaus seine Berechtigung. Dort leben ca. 100 Menschen auf engen Raum mitten im Nirgendwo.
Schon am Eingang wird einem klar, dass hier andere Regeln gelten. Ein unfreundlicher stämmiger Mann mit finsterer Miene sagt in bestimmendem Ton: „Wo wollen sie denn hin? Wen wollen sie besuchen?“. Ohne einen dort lebenden Menschen zu kennen kommt niemand hinein. Es gelten Besuchszeiten und auch wenn man einen Namen weiß, von jemandem der dort leben muss, bedeutet das nicht, dass man hineingelassen wird. Da die Willkür der Securities abhängig von der jeweiligen Laune ist, kommt es durchaus vor, dass der Security sich nicht die Mühe macht nachzuschauen ob es den Namen den man nennt auch gibt, sondern einfach behauptet: „Gibt es hier nicht!“ „Du kommst hier nicht rein!“. Wenn man es doch schafft reinzukommen, werden die Personalien aufgenommen und nur eine gewisse Zeit des Besuches gestattet. Der Geruch nach feuchten Wänden und der Anwesenheit von vielen Menschen ist wohl das Markanteste, was immer wieder sofort ins Bewusstsein ruft wo man hier ist.
Die Menschen, größtenteils Familien mit Kindern, klagen über den schweren Befall von Ungeziefer (Kakerlaken) in den Zimmern. Zwischen 4-5 Menschen müssen in den engen Zimmern ihr Dasein fristen. Die Stille und Leere rund um das Heim spiegelt sich in den Augen der Menschen wieder.
Es gibt nur einmal die Woche für eine Stunde einen Deutschkurs im Heim. Um etwas einkaufen zu können müssen die Menschen nach Raguhn (ca. 2 km entfernt, ca. 30min zu Fuß) oder nach Dessau mit dem Zug fahren oder laufen.
Die Kommunikation untereinander fällt schwer, aufgrund ihrer unterschiedlichen Heimatländer. Oftmals kommt es dadurch zu Streit oder Missverständnissen.
Die Menschen sind isoliert in ihrem Lebensumfeld und haben keine ernsthafte Möglichkeit mit Menschen außerhalb des Heims in Kontakt zu treten.
Auch die Heimleitung zeichnet sich durch unbeständige Stimmung und somit Launen abhängigem Umgang mit den Bewohnern und Bewohnerinnen aus.
Neuerdings werden jährlichen Gebühren für Elektrogeräte von den BewohnerInnen verlangt.
Die Heimleitung betritt ohne Anwesenheit der BewohnerInnen die Privatzimmer und entwendet alle Elektrogeräte. Sie werden im Keller eingelagert. Die BewohnerInnen können sich ihre Geräte nur für eine bestimmte Gebühr (zB ein Fernseher 3,50€) zurückkaufen, aber nur für ein Jahr und dann müssen sie die Gebühr erneut zahlen. Die Geräte sind keineswegs Eigentum der Heimleitung, sondern Privateigentum der Bewohnerinnen.