PM: Abschiebung soll Verlobte trennen
Der 33-jährige Yerro Gaye soll am 15. Oktober nach Gambia abgeschoben werden – noch bevor er seine Hochzeit in Sachsen-Anhalt feiern kann. Initiativen rufen zum Protest in Haldensleben auf.
Haldensleben. Seine Hochzeit hatten Yerro Gaye und seine Verlobte schon geplant. Doch nun will die Ausländerbehörde von Haldensleben den 33-Jährigen abschieben, bevor die Trauung stattfinden kann. Am 30. September wurde Gaye in der Ausländerbehörde von Haldensleben festgenommen, als er seine Duldung verlängern wollte. Jetzt sitzt er in Dresden in Abschiebehaft und soll am 15.10. in einem Charter-Flug mit der Fluggesellschaft Freebird Airlines von Frankfurt am Main nach Gambia abgeschoben werden.
2019 ist der Grundschullehrer aus Gambia über das Mittelmeer zunächst nach Italien gekommen. In einem sogenannten Relocation-Programm der Europäischen Union wurde er einen Monat nach der Ankunft in Italien mit dem Flugzeug nach Deutschland gebracht. „In Italien wurde uns in Aussicht gestellt, dass wir in Deutschland ein Aufenthaltsrecht bekommen können“, sagt Gaye, der in Italien zunächst von Mitarbeiter*innen des Europäische Unterstützungsbüro in Asylfragen (EASO) und dann von deutschen Beamt*innen interviewt wurde.
Gaye wurde schließlich im sachsen-anhaltinischen Halberstadt registriert und stellte dort seinen Asylantrag. Er wohnt in Haldensleben und arbeitete dort bei Hermes, bis ihm 2023 die Arbeitserlaubnis entzogen wurde. „Alle Hoffnungen, die uns in Italien auf
ein sicheres Leben in Deutschland gemacht wurden, waren falsch“, sagt Gaye.
2023 lernte er seine Partnerin kennen, mit ihr ist er seit März 2025 verlobt. Im Februar beschlossen die beiden zu heiraten. „Seit wir unsere Hochzeit planen, scheint es, als ob die Ausländerbehörde sie verhindern will“, sagt Gaye. Zunächst wollte das Paar im Standesamt von Lichtenberg heiraten, wo Gayes Verlobte gemeldet ist. Die Ausländerbehörde legte Widerspruch ein, aufgrund der Residenzpflicht in Sachsen-Anhalt dürfe er den Termin in Berlin nicht wahrnehmen. Das Paar klagte, doch das Verwaltungsgericht in Magdeburg gab der Behörde Recht. Nun liegen die Unterlagen zur Eheschließung im Standesamt des sachsen-anhaltinischen Wolmirstedt, während Gaye in der Dresdner Abschiebehaftanstalt sitzt.
„Es ist ein richtiger Alptraum“, sagt Gayes Verlobte. „Wir hatten Angst, dass es passiert. Aber die Behörden wussten, dass wir uns im Prozess der Eheschließung befanden, also hatten wir nicht erwartet, dass er so plötzlich festgenommen und verhaftet wird. Das kann ich einfach nicht verstehen.“
Trotz seiner eigenen prekären Situation engagierte sich Gaye in den vergangenen Jahren bei der Gruppe „Solidarity Movement“ (Solimo). Er besuchte Unterkünfte von Geflüchteten in Sachsen-Anhalt, informierte die Menschen dort über ihre Rechte im Rahmen des Asylverfahrens, hielt Reden bei Demonstrationen und organisierte Treffen der Gruppe.
Für Dienstagnachmittag ruft Solimo zur Kundgebung in Haldensleben auf. Von 13 bis 17 Uhr soll vor der dortigen Ausländerbehörde demonstriert werden. „Yerro kämpfte nicht nur für sich selbst – er kämpfte für uns alle. Er gab uns Hoffnung, als alles hoffnungslos schien, und Mut, als wir müde waren“, sagt Kebbeh, Sprecher der Gruppe. „Deshalb erheben wir jetzt unsere Stimme, um seiner Stimme Gehör zu verschaffen, aber auch, um sichtbar zu machen, womit viele andere konfrontiert sind.“ Eine Petition gegen die Abschiebung ihres Freundes hat die Gruppe ebenfalls gestartet.
Am Freitag äußerte sich auch der stellvertretende Bürgermeister von Marseille zur geplanten Abschiebung von Gaye. „Es gehört nicht zu meinem Aufgabenbereich, den eigenständigen rechtlichen Rahmen der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Migrationspolitik zu bewerten“, schreibt Théo Challande Névoret in einem offenen Brief an den Landrat Martin Stichnoth, zu dessen Landkreis Haldensleben gehört. Und fährtdann fort: Yerro Gaye „lebt seit mehreren Jahren in Deutschland, hat hier eine feste Partnerschaft sowie zahlreiche soziale Bindungen. Eine Abschiebung würde für ihn nicht nur eine gravierende Zäsur im persönlichen und sozialen Umfeld bedeuten, son dern auch eine ernsthafte Gefährdung seiner Sicherheit darstellen.“ Er bitte deshalb darum, von der Durchführung der Abschiebung abzusehen.
„Ich glaube an mein Schicksal und akzeptiere alles, was auf mich zukommt“, erklärt Gaye aus der Abschiebehaft. „Sie haben mich festgenommen und in ein Abschiebegefängnis gesteckt, aber sie können mein Schicksal nicht aufhalten. Sie können es vielleicht verzögern, aber letztendlich werde ich meine Ziele erreichen. Ich habe den Eindruck, dass die Ausländerbehörde als Institution nicht bereit ist, sich an die Wahrheit zu halten. Das macht mir Sorgen. Ich war immer ehrlich zu ihnen und habe ihnen alle Dokumente zur Verfügung gestellt, die sie verlangt haben. Dennoch haben sie ihr Versprechen nicht gehalten und heimlich geplant, mich abzuschieben. Sie wollen mich nach Gambia zurückschicken. Anstatt ihre Arbeit zu tun und ihre Pflichten zu erfüllen, fördern sie nur eine Kultur der Unehrlichkeit. Ich habe sie nie belogen. Trotz ihrer Handlungen und ihres Verrats bleibe ich entschlossen, zu meiner Wahrheit zu stehen, und werde mich nicht von meinem Weg abbringen lassen.“