Fünf Jahre EU-Türkei-Deal und kein Ende des Elends in Sicht
Vor rund fünf Jahren haben EU und Türkei ihren Flüchtlingsdeal besiegelt. Bis heute sorgt er dafür, dass die Menschen in griechischen Elendslagern oder perspektivlos in der Türkei festsitzen. An Europas Außengrenzen regiert die Abschottung – die Bundesregierung bewertet das als »klaren Erfolg« und ignoriert das Leid der Betroffenen. Jetzt soll der Deal erneuert werden, diese Woche verhandeln die EU-Staaten darüber. Präsident Erdogan winken weiteres Geld und ein Freibrief für innenpolitische Repressionen. Geflüchtete bleiben im Elend stecken und sollen auch über den EU-Türkei-Deal hinaus noch weiter entrechtet werden.
Nach wie vor protestiert Pro Asyl deshalb mit der Petition »Nein zu einem Europa der Haft- und Flüchtlingslager!« gegen den flüchtlingsfeindlichen »New Pact«. Sobald es pandemiebedingt möglich ist, werden alle gesammelten Unterschriften in Brüssel übergeben.
Die Bundesregierung ignoriert das Leid der Opfer des Türkei-Deals
Die Bestandsaufnahme der Bundesregierung ignoriert das Leid der Opfer des Deals in den EU-Hotspots und blendet bewusst den dramatischen Menschen- und Bürgerrechtsabbau in der Türkei aus.
Die Bundesregierung paart diese Schönfärberei mit den üblichen alten Textbausteinen. Ein Dreiklang, der in Europa bei jeder flüchtlingspolitischen Sauerei, genutzt wird: Es sei gelungen, das »tödliche Geschäftsmodell« der Schleuser in der Ägäis wirkungsvoll zu bekämpfen, die Zahl der »illegal Einreisenden nach Griechenland« sei erheblich zurückgegangen, ebenso die Zahl der Todesfälle in der Ägäis.
Der Deal
In dem am 18. März 2016 unterzeichneten EU-Türkei-Deal ging es um die Auslagerung der Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen an die Türkei. Europa entzieht sich damit seinen Verpflichtungen nach internationalem und europäischem Asyl- und Menschenrecht. Es ging nie ernsthaft darum, Schutzsuchenden eine Alternative zu bieten, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Auch gab es nie rechtsstaatliche Asylverfahren im Chaos und Elend der EU-Hotspots in Griechenland.
Weder die Bundesregierung noch die EU-Kommission haben sich ernsthaft darum geschert, dass die Lebensbedingungen und Asylverfahren in den EU-Hotspots gegen Völkerrecht und EU-Recht verstoßen. Im Gegenteil: In den letzten fünf Jahren wurden nach massivem Druck aus Berlin und Brüssel in Griechenland ganze sechsmal die Asylgesetze verschärft.
In der rechtlichen Analyse »Rule of law captured by a Statement« zeichnen Refugee Support Aegean (RSA) und die Stiftung PRO ASYL die Konstruktion des Deals nach, durch die demokratische Institutionen und rechtliche Kontrolle umgangen wurde. Zum anderen wird die Auswirkung des Deals auf das griechische Asylrecht nachvollzogen, das mit sechs Reformen in fünf Jahren eine beispiellose Umgestaltung erlebte und sich immer weiter in den Dienst der Abschottung stellte.